Wie die Haltestelle am neuen SC-Stadion Fanmassen bewältigen soll

Badische-Zeitung, Fr, 06. März 2020
Mit dem letzten Stück der Tramlinie zur Messe Freiburg befindet sich auch die Haltestelle für das neue Stadion im Bau. Diese ist mit Aussichtsturm und schlängelnden Gleisen eher ungewöhnlich.

Freiburgs neueste Straßenbahn-Strecke ist nicht mal einen Kilometer lang, steckt aber voller Überraschungen: Das letzte Stück der Messelinie schließt das neue Sportclub-Stadion beim Flugplatz ans Netz an, erhält eine spezielle Rille, einen Weichen-Tower und eine Flugschneise. Die Fußballfans sollen künftig sicher und schnell zum neuen Stadion kommen.

Geht man von der jetzigen Endhaltestelle "Technische Fakultät" zur Stadion-Haltestelle, fallen drei Dinge ins Auge: Ein kleiner Turm, schlängelnde Gleise und rechts fehlt der Bahnsteig. Das hat mit dem beengten Platz neben der Madisonallee und mit Sicherheitsauflagen seit Duisburg zu tun. Würden die Fanmassen wie gewohnt rechts aussteigen, müssten sie die Gleise queren – und eine Brücke oder Unterführung gebaut werden, sagt Oliver Benz, Vorstand der Freiburger Verkehrs-AG. Die Idee: "Wir steigen auf der falschen Seite aus, aber auf der richtigen zum Stadion."

Damit gleich drei Straßenbahnen gleichzeitig von einem Gleis auf das andere wechseln können, baut die VAG an drei Stellen Weichen ein. Die müssen von Hand gesteuert werden – von erhöhter Warte im Aufsichtsgebäude, erklärt Projektleiter Peter Hahn. Wenn der SC kein Heimspiel hat, fährt die Bahn nonstop zur Messe durch, weil sonst der Steuerstand immer besetzt sein müsste. Auf dem Rückweg hält sie nur am Stadion, wenn jemand drückt oder dasteht. "Es ist eine Bedarfshaltestelle", sagt Benz. Sie war ursprünglich nicht vorgesehen: Die VAG plante um, als die Stadt den SC-Standort beschloss – Stichwort Beißschreckenkurve. Geplant wurde die massentaugliche Haltestelle mit der Ingenieurgruppe IVV aus Aachen, von der auch das Verkehrskonzept für den Papstbesuch stammte.
 

Überlaufherzstück und Flugschneise

Die VAG verbaut einen extra maßgeschneiderten Weichentyp. Geradeaus läuft das Tramrad normal, erklärt VAG-Technikvorstand Stephan Bartosch: Im SC-Verkehr beim Abbiegen aber geht es in der Rille bergauf, bis das Rad nicht mehr in der Schiene sitzt, sondern nur noch oben auf seiner schmalen Nase zum Spurhalten läuft. Es überquert die Fläche im Weichenherz, um auf der anderen Seite wieder voll in die Schiene zu setzen – ohne Knall, sagt Bartosch. Denn der für Freiburg neue Weichentyp wird aus Rücksicht auf die Nachbarn eingebaut: Die Uni nimmt hochsensible Messungen vor. Deshalb wurde unter der Trasse auch der Boden stärker verdichtet, als Dämpfer mehr Beton eingegossen und alles extraplan gearbeitet. In der Mitte liegt eine Gegenleitung zum Ausgleich des elektromagnetischen Felds der Oberleitung, sagt Bartosch. "Es war ein langer Prozess."

Die Kostenschätzung für die Haltestelle stieg von 3,6 auf 4,2 Millionen Euro. Denn nach einem Gutachten gibt es für die Fahrgäste noch ein Leitsystem und einen "Drängelbereich", der Druck aushalten muss. "Wir werden erstmals eine Haltestelle haben, die dem SC-Betrieb gerecht wird", sagt Benz.

Und dem Flugbetrieb: Die Masten für die Oberleitung und die Tramtrasse werden am Flugplatz bis zu 1,5 Meter tiefer gelegt, sagt Hahn. Diese Flugschneise ist dem Sicherheitsabstand geschuldet.

Insgesamt soll der letzte Abschnitt der Messetram 17,6 Millionen Euro kosten. 980 Meter sind es bis zur neuen Endhaltestelle am Messegelände. Vor der Hermann-Mitsch-Straße gibt es eine Wendeschleife, Bushaltestellen und zudem Park & Ride-Plätze. Die VAG hält am Plan fest, die Linie im Oktober in Betrieb zu nehmen. "Das ist sehr, sehr ambitioniert", sagt Benz und Bartosch ergänzt: "Da muss alles flutschen."

Lesen Sie den Artikel auch in der Badischen-Zeitung vom 6.3.2020

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