Intuitive Surgical aus Südbaden baut OP-Roboter, die weltweit eingesetzt werden

Lesen Sie den gesamten Artikel in der Badischen Zeitung vom 09.05.2022

Der Medizintechnikhersteller Intuitive wächst weiter und will 60 Millionen in ein neues Gebäude für 600 Mitarbeiter in Freiburg investieren. Sein OP-Roboter unterstützt bei minimalinvasiven Eingriffen.

Welche Unternehmen in Südbaden haben 2021 trotz Corona-Pandemie viele Stellen geschaffen? Mit welchen Ideen haben Firmen in Zeiten des Fachkräftemangels neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefunden und an sich gebunden? Beim Wettbewerb Jobmotor, der zum 16. Mal stattfindet, zeichnen die Badischen Zeitung und ihre Partner außergewöhnliche Betriebe aus. Der Medizintechnikhersteller Intuitive wird in der Kategorie mehr als 200 Beschäftigte für den Arbeitsplatzzuwachs ausgezeichnet.

Früher brauchten Patienten vier, fünf Tage, bis sie nach einer großen Operation im Bauchraum wieder etwas mobil waren. Heute können sie im Idealfall schon nach 24 Stunden wieder sicher sitzen, sich mobilisieren und die Klinik früher verlassen. Möglich machen das schonendere Verfahren, minimalinvasive Eingriffe, die in großen Krankenhäusern wie der Uniklinik Freiburg vielfach roboterassistiert vorgenommen werden. Eingesetzt wird dafür in zahlreichen Kliniken auf der ganzen Welt das von der Firma Intuitive entwickelte System Da-Vinci. Seit 2019 hat der US-Medizintechnikhersteller Niederlassungen in Freiburg und Emmendingen.

Mitarbeiter aus ganz Europa üben in Freiburg


Ein Blick in das Intuitive-Trainingscenter am Freiburger Flugplatz: Zehn Operationsroboter stehen bereit. Eine Lernende sitzt an einer Konsole, steckt Daumen und Zeigefinger beider Hände in kleine Schlaufen und blickt auf einen Bildschirm. Darauf sind statt der Finger Zangen und verschiedene Erhebungen zu sehen, dreidimensional und farbig. Bei der ersten Übung fasst die eine, vom linken Daumen und Zeigefinger gesteuerte, Zange vorsichtig einen winzigen gelben Ring und übergibt ihn der rechten. Diese führt ihn zu einer Erhebung und versucht, ihn darüber zu streifen. Der erste Versuch misslingt. Beim zweiten klappt es fast, beim dritten Mal sitzt der Ring, wo er soll.

 


Im Freiburger Schulungszentrum trainieren Mitarbeiter aus ganz Europa die Bedienung des Operationsroboters Da-Vinci, damit sie später Chirurgen anleiten können. "Ähnlich wie bei einem Computerspiel gibt es dabei verschiedene Levels", erklärt Dirk Barten, der das Europa-Geschäft von Intuitive leitet. Wenig mit einem Spiel gemeinsam hat allerdings der Anspruch: "Die Schulungsteilnehmer werden gedrillt, viele üben selbst am Wochenende, um am Ende den anspruchsvollen Test zu bestehen." Es gehe darum, Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen.

Intuitive plant ein neues Firmengebäude für 600 Mitarbeitende in Freiburg


Knapp 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich in Freiburg um die Organisation der Schulungen, um Vertrieb und Verwaltung des Operationsroboters in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In der Emmendinger Niederlassung arbeiten gut knapp 230 Angestellte an der Entwicklung und der Produktion innovativer 3-D-Endoskope. Knapp 100 neue Stellen hat das Unternehmen 2021 alleine in Südbaden geschaffen, weltweit sind 9700 Menschen für Intuitive tätig. "Wir werden weiter wachsen", kündigt Barten an. Intuitive plane deshalb, 60 Millionen Euro in ein neues Firmengebäude für 600 Mitarbeitende in Freiburg zu investieren. Baubeginn soll noch dieses Jahr sein.

Rund 6700 Da-Vinci-Roboter werden bereits in 60 verschiedenen Ländern eingesetzt, in Deutschland sind es 210. Operiert werden kann mit dem System "alles unterhalb des Kinns bis zu den Beinen", erklärt Barten. An der Uniklinik unterstützen zwei Da-Vincis. Stefan Fichtner-Feigl zufolge kommen sie täglich zum Einsatz. "Wir machen damit hochkomplexe Eingriffe, häufig onkologischer Natur", sagt der Ärztliche Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Einsatzbereiche seien Urologie, Gynäkologie sowie Viszeral- und Thoraxchirurgie. Nicht alle Operationen können Fichtner-Feigl zufolge roboterassistiert vorgenommen werden. "Etwa wenn mehrere Organbereiche betroffen sind und es sehr viel Übersicht im Operationsfeld bedarf." Der Op-Roboter mache aus einem unerfahrenen oder schlechten Chirurgen noch lange keinen guten Operateur. Aber sinnvoll eingesetzt, "ist Da-Vinci ein exzellentes Hilfsmittel, das Patienten erheblichen Benefit bietet".

Barten: Technik kann einen Chirurgen nicht komplett ersetzen


An einer weiteren Verbesserung des Op-Roboters wird Barten zufolge permanent gearbeitet. So soll es bald möglich sein, Tumore farblich abgehoben darzustellen, um die Entfernung zu erleichtern. "Die Innovationskurve ist gigantisch." Trotzdem glaubt Barten nicht, dass Technik einen Chirurgen komplett ersetzen kann. "Im Bauchraum, wo sich alles bewegt, halten wir das nicht für möglich." Gut 20 Jahre lang war der 1998 gegründete Medizintechnikhersteller Barten zufolge der einzige Entwickler von Operationsrobotern auf dem Markt. Seit vier Jahren gebe es Konkurrenz.

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