Freiburger Traditions-Sportverein SV Solvay bangt um seine Zukunft auf dem Cerdia-Gelände

Den gesamten Artikel finden Sie auch auf den Seiten der Badischen Zeitung vom 28.12.2021: https://www.badische-zeitung.de/freiburg/freiburger-traditions-sportverein-sv-solvay-bangt-um-seine-zukunft-auf-dem-cerdia-gelaende?utm_source=prod-red-newsletter-daily&utm_medium=email&utm_campaign=79106&utm_content=Freiburg&cn=abo-digi-x-wall-sale-newsletter-red&utm_region=Freiburg&utm_position=2

Weil es eng wird auf dem Areal des Industriegebiets Nord, spitzt sich der Interessenkonflikt zwischen dem SV Solvay und der städtischen Wirtschaftsförderung zu. Die Eigentümerin Cerdia führt bereits Verkaufsgespräche, das Sportreferat hingegen will vermitteln.

Gegenüber dem Messegelände entwickelt die Stadt eine riesige Gewerbefläche als Teil des "Green Industry Park", zu dem das Industriegebiet Nord werden soll. Stolz vermeldete Oberbürgermeister Martin Horn im Frühjahr die Ansiedlung des Medizintechnik-Unternehmens Intuitive Surgical. Doch es gibt auch Konflikte. Denn auf dem Gelände sitzt auch ein kleiner Sportverein. Und der fürchtet nun um seine Flächen. Gekündigt wurden sie bereits. Der Verein hofft auf Hilfe – fühlt sich bislang aber im Stich gelassen.

Im kommenden Jahr feiert der SV Solvay sein 70-jähriges Bestehen. Allerdings fürchtet der Verein, es könnte die letzte Feier sein. Denn die Sportler fühlen sich massiv unter Druck gesetzt, wie Vereinsvorstand Thomas Tock berichtet. Bereits Ende 2020 habe das international tätige Chemieunternehmen Cerdia, das zwischendurch Solvay und bis 2019 wieder Rhodia Acetow hieß und der das Sportgelände gehört, ihrem ehemaligen Werksverein den Mietvertrag gekündigt. Seitdem seien sie nur noch geduldet. Gespräche seien im Sand verlaufen.

Dann kam der nächste Schock: "Plötzlich hieß es, die Versorgungsleitungen unseres Geländes, die vom Werksareal aus kommen, müssten gekappt werden", sagt Tock. Der Verein müsse sich selbst um Strom- und Wasseranschluss kümmern. Kostenpunkt: 100 000 Euro. "Uns wurde angeboten, dass wir provisorische Leitungen bekämen, wenn wir uns verpflichten, das Gelände bis Ende 2022 zu räumen", sagt Tock. Inzwischen gibt es Gespräche zwischen Cerdia, dem Verein und dem Sportreferat der Stadtverwaltung. "Wir bemühen uns um Lösungen im Sinne des Sports", lässt das Rathaus mitteilen. Auch das Unternehmen bestätigt Gespräche mit dem Verein, "um Lösungen zu finden".

Die Vereinsführung vermisst konkrete Alternativen


Den Eindruck, dass man wirklich Lösungen suche, hat der Verein jedoch nicht: "Uns werden keine Alternativen angeboten, wir sollen gucken, wie wir weiterkommen", sagt Tock. Der bislang einzig konkrete Vorschlag laute, die einzelnen Abteilungen bei verschiedenen Sportvereinen unterzubringen. "Das wäre das Ende des Traditionsvereines", sagt Tock, "das kommt für uns gar nicht in Frage."

Rund um das Vereinsgelände hat die wirtschaftliche Entwicklung Fahrt aufgenommen. Im vergangenen Jahr kaufte die "Freiburg Wirtschaftsimmobilien GmbH" (FWI), eine gemeinsame Tochter der Sparkasse und der städtischen Wirtschaftsförderung, ein 16 Hektar großes Grundstück der Cerdia. Ein Teil davon wurde im Mai an das Medizintechnikunternehmen Intuitive Surgical veräußert, die zweite Teilfläche Ende November an den Pharmagroßhandel Komtur Pharmaceuticals. Das Gelände des Sportvereins war nicht Teil des Deals, würde aber gut in den "Green Industry Park" passen. Dass es Gespräche zwischen FWI und Cerdia um einen möglichen Ankauf des Areals gibt, bestätigt das Rathaus auf BZ-Nachfrage.

"Die FWI möchte uns am liebsten Ende nächsten Jahres weghaben", sagt Tock. Der Verein fühle sich von der städtischen Gesellschaft enorm unter Druck gesetzt. Noch hofft der Verein auf eine einvernehmliche Lösung. "Wir haben angeboten, nur noch einen Teil unserer Fläche zu behalten und dass die Mitarbeiter der neuen Unternehmen bei uns Sport treiben dürfen", erklärt Tock. Offen ist, ob damit die Geschichte des Sportvereins weit über das Jubiläumsjahr hinaus weitergehen kann.

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